Finanziell erkrankte Krankenhäuser
Die finanzielle Entwicklung der kommunalen Krankenhäuser ist auch in Baden-Württemberg schwierig. Das wird bei einem Blick auf die Zahlen deutlich, obwohl leider in Bezug auf die Jahresergebnisse der kommunalen Unternehmen am äußeren zeitlichen Rand derzeit nur bis zum Jahr 2022 zurückgeblickt werden kann. Gerade für den vieldiskutierten Gesundheitsbereich (Statistischer Aufgabenbereich Hochschulkliniken, Krankenhäuser und Heilstätten; neben Kliniken sind unter diesem Aufgabenbereich Kureinrichtungen statistisch erfasst. – Im Folgenden Kommunalunternehmen im Gesundheitsbereich genannt) ist das schade – hier könnten aktuellere amtlich aufbereitete statistische Daten die Diskussion um Reformnotwendigkeiten erhellen.
Die Dramatik im Krankenhausbereich zeigt sich gleichwohl bereits bei einem Blick auf die vorliegenden Daten: Bei sich verstetigender Entwicklung wird das die Versorgung in der Fläche von Baden-Württemberg determinieren. Aktuell können die Daten der Jahre 2014 bis 2022 abgerufen werden. Bereits vor der Coronapandemie haben die Gesundheitsunternehmen ein im Niveau deutliches Minus erwirtschaftet. Das deutet auf strukturelle Probleme in den Krankenhäusern hin. Das Jahresergebnis im Jahr 2020 verbesserte sich temporär als Corona-Nebeneffekt. Ursächlich dürfte die Kompensation der durch Corona bedingten Erlösverluste durch Ausgleichszahlungen gewesen sein. Im Jahr 2021 änderte sich die Anspruchsregelung auf Ausgleichzahlungen für Krankenhäuser. Damit einher ging eine Entwicklung der Verluste auf Vorcoronaniveau. Und in 2022 sind die Verluste noch einmal deutlich auf nunmehr – 322 Mio. Euro angestiegen – trotz in 2021 und 2022 im Vergleich zu den Vorjahren höherer Erträge aus Verlustübernahmen.
In der Tendenz dürften die Verluste in den Jahren 2023 und 2024 weiter steigen: Ursächlich sind u.a. ein Personalaufwandsaufwuchs aufgrund von Tarifsteigerungen sowie die gerade für die Krankenhäuser bedeutenden Energiepreise. Einzelne Krankenhäuser der Maximalversorgung haben den Energiebedarf einer Kleinstadt.
Entwicklung wesentlicher GuV-Positionen der Kommunalunternehmen im Gesundheitsbereich in Baden-Württemberg

Quelle: Eigene Darstellung, Daten entnommen aus Statistisches Bundesamt, Datenbank Genesis-Online zu Jahresabschlüssen kfm. b. Extrahh., sonst. öff. FEU – Gewinn- und Verlustrechnung (FEU): Deutschland, Jahre, Ebenen des öffentlichen Bereichs, Aufgabenbereiche, Stand 11.02.2025
Der Blick auf die drei volumenseitig gewichtigsten Aufwandskomponenten (ohne statistische Position der sonstigen betrieblichen Aufwendungen) und deren Entwicklung veranschaulicht Ursachen des sich zuspitzenden strukturellen Problems. Die Art und Weise der Krankenhausfinanzierung nach dem Prinzip der Dualen Finanzierung spielt allerdings ebenfalls eine Rolle. Die beiden gewichtigsten Aufwandskomponenten, der Personal- und der Materialaufwand, haben sich zwischen den Jahren 2014 und 2022 um 40 (!) und 55 (!) Prozent erhöht. Das laufende Geschäft gestaltet sich in seinen Aufwendungen insofern als vielfach teurer.
Abschreibungen als drittgrößte Aufwandskomponente müssen aus dem laufenden Betrieb finanziert werden. Sie haben in den letzten abbildbaren Jahren ein Auf und Ab erlebt und sind zuletzt in 2022 wieder auf 467 Mio. Euro gestiegen. Unter Berücksichtigung der Inflation wird erkennbar, dass Investitionen und damit verbundene Abschreibungen bei den Kommunalunternehmen im Gesundheitsbereich im Vergleich zum Personal- und Materialaufwand kein Treiber der deutlich gewachsenen Aufwendungen sind. Gleichwohl können auch sie angesichts der sich verfestigenden Defizite Bestandteil unvermeidbarer Konsolidierungsüberlegungen sein. Moderne Gebäude bieten kürzere Wege für das Personal (mit mehr Patientenzeit) bei gleichzeitig niedrigeren Energiekosten usf.
Unter den jetzigen Bedingungen sind die Zukunftsperspektiven einiger Kommunalunternehmen im Gesundheitsbereich problembehaftet. Das belegt anhand der jüngsten verfügbaren statistischen Zahlen des Jahres 2022 die Personal- und Materialaufwandsquote. Sie liegt bei 94,2 Prozent der Umsatzerlöse. Mehr als 90 Prozent der Umsatzerlöse sind demnach durch Personal- und Materialaufwand gebunden. Das heißt konkret, dass von 100 Euro an Umsatzerlösen den Kommunalunternehmen im Gesundheitsbereich weniger als zehn Euro für (energiesparende) Instandsetzungen, Investitionen in die Digitalisierung oder die Transformation im Allgemeinen übrigbleiben. Genau diese Investitionen sind aber notwendig, um insbesondere die Krankenhäuser gleichzeitig wirtschaftlicher und energieeffizienter zu machen sowie den sich absehbar zumindest kurzfristig nicht auflösbaren Fachkräftemangel zumindest teilweise durch Technisierung etc. abmildern zu können.
Die wirtschaftliche Lage einiger Krankenhäuser erscheint eindeutig als kritisch, zum Teil existenzbedrohend. Die Häuser sind auf Unterstützungsleistungen der Träger angewiesen. Nicht alle Träger haben indes die wirtschaftliche Potenz das (auf Dauer) zu leisten. Die finanzielle Unterstützung der Trägerkommunen für ihre Krankenhäuser kann unterschiedliche Gesichter haben. Üblich sind Kapitalerhöhungen und die Darlehensgewährung. Laufende Bürgschaften der Träger für ihre Klinken sind ebenfalls verbreitet. Verlustabdeckungen für die Kliniken sind ebenso für die Trägerkommunen relevant. Die finanziellen Beziehungen machen deutlich, dass die Krankenhäuser die Finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Träger (im Einzelfall stark) beeinflussen können. Etwaige Verlustabdeckungen für die Krankenhäuser oder andere monetäre Belastungen der Träger müssen im Kommunalhaushalt unter der Prämisse des Erhalts Finanzieller Leistungsfähigkeit andernorts (bei Landkreisen etwa auch bei den Kreisangehörigen über Kreisumlageanpassungen) durch Ertragssteigerungen oder Einsparungen kompensiert werden, gehen mithin zu Lasten der kommunalen Angebotsportfolios. Das bedeutet auch, dass vor dem Hintergrund der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommune selbst, Stützungsmaßnahmen für die Krankenhäuser nur in Grenzen möglich sind.
Nach Angaben des Landkreistages BW „mussten die baden-württembergischen Landkreise ihre Kliniken im Jahr 2023 mit 528 Millionen Euro und im Jahr 2024 mit 794 Millionen Euro bezuschussen. In diesem Jahr sind in den Haushaltsplänen der Landkreise 745 Millionen Euro an finanzieller Unterstützung für ihre Krankenhäuser vorgesehen.“
Weiterführende Literaturhinweise zum Thema